Für mich hat sich, innerlich-moralisch gesehen, Jesse unheimlich zum Positiven verändert, auch wenn ihm das in seinem realen Leben momentan so gut wie garnichts bringt.
Ja, Jesse ist echt das reinste Chamäleon, so oft, wie der sich im Laufe der Serie gewandelt hat.
Und ich muss auch zugeben, dass ich ihn langsam nicht mehr für einen Schwachkopf halte, Combo scheint ihm offenbar deutlich näher gestanden zu haben als ich vor der Folge glaubte. Und die Szene bei Gus Frings, wo Jesse die Courage aufbringt, sich nicht Scheiße für Gold verkaufen zu lassen, während Walt den Duckmäuser spielt (an sich ja auch nicht ganz abwegig bei 3 unheimlichen, gefährlichen Typen im Raum), die war wirklich bezeichnend. Walt wird wie es scheint als Normalo charakterisiert, mit all der aus reinem Selbsterhaltungstrieb resultierenden Feigheit, die das mit sich bringt. Jesse dagegen wird als Gemütsmensch präsentiert, der es nicht schafft, sich all die Lügen einzureden, die es braucht, um bei all dem sein Gewissen zu betäuben. Kann aber sein, dass er auch ein wenig lebensmüde ist, denn der reine Affekt erklärt die Duellszene am Ende der Folge imo nicht ganz. Combo mag sein Freund gewesen sein, okay. Doch wer würde für einen bloßen Freund so eine Kamikazeaktion starten? Ich jedenfalls nicht.
Und Tomas ist schon gar kein Grund, der stand ihm nicht nahe und war auch bloß der kleine Bruder seiner neuen Freundin... ein Kind zwar, schlimme Sache, aber deswegen läuft man doch als Wildfremder nicht einfach los und fordert die Mörder zum Duell heraus.
Aber wer weiß, vielleicht spielt da noch wesentlich mehr rein. Kann ja sein, dass Jesse schon vor dem Mord an Tomas so von Schuldgefühlen zerfressen war, dass es nur noch diesen einen Tropfen brauchte, um das Fass überlaufen zu lassen. Und er fühlt sich immer noch mitschuldig an Janes Tod und da seine neue Freundin ihn an Jane erinnert, will er da irgendwas wiedergutmachen, indem er für sie Tomas rächt. Oder so in der Art...
Ach ich bleib dabei, Jesse ist einfach mal lebensmüde.
Mensch, irgendwann muss das Fass doch mal überlaufen
-So in etwa interpretiere ich Walts Gefühlswelt
Da wärn wir ja schon wieder beim Fass.
Ja, seh das ebenso. Und man bekommt es ja auch ganz deutlich demonstriert, dass es so ist, nämlich in der Szene, wo er mit seiner Familie zu Abend essen will, im Fernsehn von Tomas Tod hört und es nicht fertig bringt, in Ruhe zu essen, sondern aufspringt und Jesse suchen fährt.
Ist find ich großartig, dass die Autoren hier keine Story wie in Scarface konstruieren, wo ein kleiner Gauner immer größer wird und am Ende an seiner Überheblichkeit zu Grunde geht.
Hier haben die kleinen Gauner von Anfang an ein Gewissen, das nicht still hält und das sie immer wieder zu den irrationalsten Handlungen treibt und ihnen ganz nebenbei auch noch ihre Menschlichkeit bewahrt.